Ich muss zugeben, ich bin zunehmend über die Beschreibung von Boomern auf Social Media, selbst wenn es Comedy ist, genervt. Sie sind langsam im Umgang mit dem Computer und tippen mit 2 Fingern im Adlersuchsystem. Meist sind sie unvorteilhaft gekleidet und wirken irgendwie, als seien sie aus der Zeit gefallen. Sie trinken immer Kaffee. Boomer haben es im Rücken und schieben die Lesebrille hoch, wenn sie am Rechner etwas erkennen wollen. Sie sind schuld an der Klimakrise, haben für die jetzige Generation nichts mehr von der Welt übrig gelassen und sind ohnehin aus dem letzten Jahrhundert. Und Ahnung von dem, was läuft, haben sie schon lange nicht mehr. Außerdem warten sie nur noch auf die Rente, damit sie mit ihren hässlichen Wohnmobilen, statt in sexy Campervans, in der Welt herumfahren können.
Mit 50 Kindern in der Klasse lernt ein Boomer, was Positionierung ist
Zugehörig zu den geburtenstarken Jahrgängen war eins klar – es gibt viele von uns, sehr viele. Das hieß früh zu lernen, dass die Ressourcen, wie Geld, aber auch Aufmerksamkeit der Lehrkräfte, Zugang zu Freizeitaktivitäten etc. knapp sind.
Es war klar, man bekommt keine Sonderwurst, weil dafür gar kein Raum war. Und wenn man z.B. später einen Ausbildungsplatz haben wollte, musste man schon etwas mitbringen, was einen interessant für den künftigen Arbeitgeber machte.
Ich vermute, bei mir war es Fleiß und schnelle Auffassungsgabe, was mich zu einer attraktiven Mitarbeiterin machte, der man, da noch Lehrling, nur geringe Ausbildungsvergütung zahlen musste.
Ich habe während der Ausbildung, bei der ich schon mal Gips von den Wänden kratzen musste (stand sicher nicht im Ausbildungsplan), alles genutzt, um mehr lernen zu können. Die Masseurin brachte mir z. B. alles bei, was es zur klassischen Massage brauchte.
Viel gelernt zu haben und viel zu können machte es dann leicht, eine Arbeitsstelle zu bekommen. Und die wiederum ermöglichte mir, sofort mit 18 zu Hause auszuziehen. Was für eine Freiheit.
Ich könnte noch viel mehr erzählen, aber worauf ich hinaus will ist, dass ich früh lernte, dass es wichtig ist, zu wissen, was man kann und ist, um sich einen Vorteil am Arbeitsmarkt zu verschaffen.
Auf uns hat keiner gewartet, was bedeutet, man musste die Dinge schon selbst in die Hand nehmen, wenn man was erreichen wollte. Das führte sicherlich auch zu einer Selbstwirksamkeitserfahrung, die wenig Ängste aufkommen ließ.
Und das in einer Welt, die politisch geprägt war vom Kalten Krieg, der Frauenbewegung, dem Mauerbau, der Energiekrise, Tschernobyl, (unvergesslich die Bequerelzahlen auf der Milchtüte), diversen Kriegen, Umweltkatastrophen, Hungersnöten, dem Wandel vom Industrie- zum Digitalzeitalter und vielem mehr.
Heute unterstütze ich Frauen in der Coaching-, Beratungs-, Kreativ- und Gesundheitsbranche darin, ihre einzigartige Positionierung auf dem Markt zu finden und damit sichtbar zu werden.
Die ersten Erfahrungen, wie man aus der Menge heraussticht, habe ich sicherlich als Boomer gesammelt, auch wenn das Wissen heute untermauert ist von Integralem Business-Coaching, Wirtschaftspsychologie und meiner spirituellen Weisheit.
Meine Boomer-Resilienz ist, auch mit Dreck umgehen zu können
Meine Eltern führten eine Tankstelle mit Reparaturwerkstatt, auf der ich den ganzen Tag verbrachte. Familienbusiness eben, in dem wir als Kinder früh Aufgaben hatten. Das Bier an die Arbeiter der Fabrik zu verkaufen, das Zweitaktergemisch herstellen und die Motorräder zu betanken, Kunden Cola aus dem Lagerraum holen und auch die Kundenklos zu putzen. Letzteres war kein Spaß, sage ich dir und hat manchen Würgereiz ausgelöst. Hinter der Tankstelle wurden die alten Öldosen und vielerlei andere Dinge „gelagert“, was eine echt schmierige Angelegenheit war.
Mein Bruder meint heute noch, dass all das unser Immunsystem bis heute gestärkt und unsere Fähigkeit, mit wenig klarzukommen, ohne sich benachteiligt zu fühlen, gefördert hat.
Vielleicht ist tatsächlich meine Resilienz, die seelische Widerstandskraft, in dem Umfeld entwickelt worden. Mich bringt so schnell nichts aus der Fassung. Ich habe eine Kraft, auch durchzuhalten, wenn es haarig wird. Sicher ist auch meine Arbeitsethik, die eine gewisse Härte sich selbst gegenüber zu haben, hier entstanden.
Heute vertrete mein Motto: Gutes Lebens und Gutes Business. Die Auswirkungen davon sind definitiv, mehr Lebensqualität zu haben. Ich biete Menschen Sicherheit in unsicheren Zeiten und zeige ihnen, wie sie ihr Lebensschiff durch selbst hohe Wellen sicher steuern können – auch das ist eine Ausprägung meiner früh erworbenen Resilienz.
Als Boomer schätze ich lebenslanges Lernen
Bei einem Workshop sagte mal jemand zu mir: “Der ist 50, der wird nicht mehr lernen!“. Mir fiel innerlich die Kinnlade herunter. Ich denke, wenn jemand die Haltung hat, ist der Mensch morgen gesellschaftlich und beruflich im Aus.
Als Digital Immigrant weiß ich noch, als die ersten Computer aufkamen – C64 war der erste, mit dem ich persönlich in Berührung kam.
Ich spielte Zelda und lernte von einem Freund, kleine Programme zu entwickeln, während wir Major Tom und 99 Luftballons hörten. Das war 1983.
2016 fragte ich mich, was die Digitalisierung für mein Business bedeutet – und habe aufgrund der Überlegungen meine Coachingräume gekündigt und erfolgreich mein Business online aufgebaut.
Klar habe ich dafür einiges lernen müssen. Diverse Kurse, ein Freund, der gefühlt alle Fragen beantworten konnte, Coaching und viel Praxiserfahrung führten dazu, dass ich mich locker im World Wide Web bewegen kann.
Positiver Nebeneffekt: Ich war schon längst online etabliert, als die Pandemie kam.
Ich bin einfach neugierig, was die Welt so bringt und wie ich damit umgehen oder die Neuerungen für meine Kund:innen nutzen kann.
Meine visionäre Kraft, die auch spirituell gegründet ist, hilft den Unternehmer:innen, sich erfolgreich für die Zukunft aufzustellen
Ich kann mir, offen gesagt, gar nicht vorstellen, nicht zu lernen. Gerade habe ich meine Zertifizierung zum „Sacred-Money-Archetypes-Coach“ bekommen.
Ein spannender, lebensverändernder Erkenntnisprozess, wenn es um das Thema Geld, Preisgestaltung und Umsatz geht. Um es kurz zu beschreiben: “Die Dinge kommen ungeahnt ins Fließen und damit werden auch neue finanziellen Möglichkeiten angeschwemmt.“
Da ich als Boomer Englisch zu sprechen nicht mit der Muttermilch aufgesogen habe, bin ich stetig dabei, mich zu verbessern. Ich freue mich jetzt schon darauf, im Oktober 2 Wochen nach Malta zu fahren, um dort an einem Intensivkurs teilzunehmen.
Meine Englischlehrerin wird hinterher begeistert sein, welche Sprünge ich dort machen werde, auch wenn ich aus ihrer Sicht jetzt schon fließend spreche. Aber ich denke, es ist immer Luft nach oben, selbst wenn meine englischsprachigen Coachees glücklich sind mit unserer Zusammenarbeit.
Zu lernen ist einfach mein Hobby. Ich glaube, dass es eigentlich ein zutiefst menschliches Bedürfnis ist, zu lernen und sich darüber die Welt zu erobern.
ChatGPT schreibt über Boomer
Neugierig war ich dann auch, was der ChatGPT über Boomer zusammensammelt.
Sie hätten Erfahrung, Fachwissen und Weisheit, was sie zu guten Coaches und Beratern macht. Ich würde sagen, wir haben gelernt, mit Krisen jeglicher Art umzugehen.
Sie hätten eine Arbeitsethik, die durch harte Arbeit und Entschlossenheit gekennzeichnet sein.
Die Kehrseite davon sind sicher die vielen Burn-out-Erkrankungen gewesen. Auch der Wunsch, da man einfach total ermüdet ist, selbst wenn es auf eigene Kosten geht, früher aus der Arbeit auszusteigen.
Sie tragen zum Wirtschaftswachstum bei, das, wie wir heute wissen, ein zweischneidiges Schwert ist und neu gedacht werden muss.
Sie seien ihren Arbeitgebern, Familien und Freunden gegenüber loyal und würden darin eine hohe Stabilität zeigen.
Psychologisch gesehen gehen wir immer davon aus, dass andere genauso sind oder handeln wie wir.
Was viele der Boomer, die Geschäftsinhaber:innen sind, jetzt überrascht, dass es aufgrund eines Wertewandels schwerer wird, Mitarbeitende an das Unternehmen zu binden, da die unbedingte Loyalität mehr sich selbst gilt, als dem Unternehmen. Was ja auch auf einer Ebene gesünder ist.
Boomer hätten aktiv an gesellschaftlichen Veränderungen und kulturellen Entwicklungen mitgewirkt.
Und damit ist sicherlich nicht die RAF gemeint, deren Gesichter ich als Kind von Fahndungsplakaten her kannte.
Boomer würden einen Gemeinschaftsgeist zeigen, weswegen sie sozial engagiert wären. Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, Carsharing und Amnesty International sind nur einige Dinge, die mir spontan einfallen.
Ich selbst habe über 15 Jahre ehrenamtlich Jugendarbeit gemacht sowie Jugendreisen organisiert und gestaltet.
Boomer würden, obwohl nicht mit modernen Technologien aufgewachsen, immer noch eine wichtige Rolle bei der digitalen Transformation spielen.
Womit wir wieder beim lebenslangen Lernen wären.
Der Boomer ist kein Auslaufmodell
Wenn ich mir die Fotos in den kostenlosen Datenbanken ansehe, die uns Boomer zeigen, sieht es dunkel aus. Es gibt, zumindest für die Frauen, nur noch Bilder im Garten, auf dem Fahrrad oder im Spiel mit Enkelkindern.
Die Männer kommen etwas besser weg, denn sie werden, gern in verantwortungsvollen Positionen und beruflich aktiv gezeigt.
Dass wir Boomer in noch gut 30 Jahre leben werden, und damit viel Gestaltungsspielraum für unser Leben und die Gesellschaft haben, das findet man hier gar nicht wieder.
Ich weiß, dass viele auch meiner Generation, allein aus Erschöpfung, auf die Rente hinfiebern. Gerade steuern viele Frauen auf die Altersarmut zu, was mich in meiner Mission bestätigt, Frauen darin zu unterstützen, sich mit ihren Finanzen, Umsatz und passivem Einkommen auseinanderzusetzen.
Ich habe noch Pläne. Vor 2 Jahren habe ich mir überlegt, was ich die nächsten 10 Jahre noch in die Welt bringen will. Da freue ich mich schon drauf.
Natürlich bin ich gespannt, was du so über uns Boomer denkst. Wie erlebst du diese Generation, die zwischen 1954 und 1964 geboren ist? Ich freue mich auf deine Kommentare.
Als Boomer ist lebenslanges Lernen ein Teil unserer DNA. Wenn ich nur an die vielen technischen Veränderungen denke. Schreiben auf einer Kugelkopfmaschine war mal die modernste Schreibmaschine. Dann kamen die Computer, Windows, MS-Office, das Internet, das mobile Telefon, das Smartphone….. Und wir alle mussten uns mit diesen Neuerungen auseinandersetzen. Das funktioniert nur, wenn ich neugierig bin, Lust auf Neues habe und keine Angst vor Veränderungen habe. Und es waren viele Veränderungen seit 1980. Und es war die Zeit des Kampfes um das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Deshalb bedienen Bilder mit Frauen im Garten und Enkelkindern ein Rollenbild, das längst überwunden ist. Das zeichnet uns Boomer aus – wir packen an und finden Lösungen.
Liebe Judith, die Frauenbewegung – was wir da alles in Bewegung gesetzt haben! Und ja, ohne Lernen kein Wachstum und am Ende auch keine Zukunft.