„Ich kann mich nicht entscheiden.“ Diesen Satz höre ich oft in meiner Arbeit. Und je komplexer die Welt erscheint, desto schwieriger ist es für viele Menschen, eine Entscheidung zu treffen. Wer mag sich schon gern in eine ungewisse Zukunft hinein festlegen, ohne zu wissen, wohin die Reise geht? Wobei, sich nicht zu entscheiden streng genommen auch eine Entscheidung ist. Nur eine, die viel Kraft bindet, die anderweitig zur positiven Gestaltung des eigenen Lebens eingesetzt werden könnte.
Punkt Nr. 1: Ich will nicht trauern
Eine Entscheidung ist wie ein Schwert, das Dinge voneinander trennt. Führt man das Schwert, fällt auf die eine Seite das, für das man sich entschieden hat. Auf die andere Seite das, was man nicht wollte. Es braucht Mut, diesen Schritt zu tun. Nicht jeder ist unbewusst bereit, sich mit dem Verlust, den eine Entscheidung mit sich bringt, auseinanderzusetzen.
Im kleinen merkst du das im Supermarkt. Wenn du dich bei 50 Marmeladen für eine entscheidest, liegt dein Verlust bei 49. Vielleicht auch nur bei 46, weil du Himbeere, Aprikose und Blaubeere sowieso nicht magst.
Da dies ein Kaufhemmnis sein kann, sind Läden dazu übergegangen, Schilder aufzustellen, wo die Mitarbeiter:in des Monats z. B. Erdbeermarmelade besonders empfiehlt. Man kann leicht messen, dass der Verkauf genau dieser Marmelade signifikant hochgeht.
Durch die Empfehlung wird der Verlust minimiert und der Gewinn gesteigert. Wenn die Mitarbeiterin die Marmelade gut findet, denkt man unbewusst, dass der Gewinn, sie zu wählen, wohl richtig groß ist, selbst wenn er den Verlust nicht vollständig aufwiegt.
Die Vorentscheidung eines Menschen, selbst wenn man ihn nicht kennt, mindert den Verlust. Und minimiert die Trauer um das, was man nicht bekommen hat.
Wenn man sich um den Abschied von dem, gegen das man sich entschieden hat, bewusst ist, wird die Entscheidung leichter.
Punkt Nr. 2: Ich will nichts verpassen – FOMO
Fomo – fear of missing out. Nicht nur Social Media zeigt uns auf, was wir alles erleben, tun oder kaufen könnten. Eine Sache ist attraktiver als die andere und man möchte natürlich nur das Beste für sich.
Das bemerken viele, dass Menschen sich ungern festlegen, weil sie sich offen halten wollen für die noch bessere Möglichkeit. Selbst in Freundschaften wird bis auf die letzte Minute offen gehalten, ob man sich nun verabredet oder nicht – weil ja den Tag noch etwas Besseres am Horizont auftauchen könnte.
Dass man sich so um die Vorfreude bringt, wird einfach in Kauf genommen. Es führt auch bei vielen Menschen zu Stress, weil sie dem, was gerade angesagt ist, hinterherrennen und so ganz atemlos werden. Und, kurz ins Handy geguckt merkt man schnell, welches Angebot, Erlebnis, Video etc. man gerade schon wieder verpasst hat.
Im Verkauf wird dieses Gefühl, etwas zu verpassen, so verstärkt, indem man Countdowns einrichtet oder Zeitfenster setzt. Viele Menschen kaufen oft 5 vor 12 dann doch noch den Kurs oder die Mastermind, weil diese Angst bedient wird.
Deswegen funktioniert auf eine Art auch der Black Friday – man hat Angst, das attraktive Angebot zu verpassen und kauft, oft übrigens ohne wirklich zu vergleichen, ob das Angebot wirklich günstig ist.
Punkt Nr. 3: Ich will keine Schuld haben
Entscheidung hat etwas mit Verantwortung zu tun.
Unabhängig davon, wie ich mich entscheide – ich muss die Verantwortung dafür übernehmen, egal, wie das Ergebnis aussieht.
Ich muss aushalten, mich falsch entschieden zu haben. Das erzeugt Spannung im Körper, die man am liebsten loswerden möchte.
Eine einfache Art, sie abzubauen, ist, jemandem die Schuld geben zu können. Wenn jemand anderes die Entscheidung getroffen hat, und es geht nicht gut aus, dann ist man selbst fein raus.
Das ist oft ein „Spiel“ in Beziehungen, das zu Konflikten führt. Man entscheidet sich nicht, versucht den anderen entscheiden zu lassen, damit, wenn es dann doch nicht so schön wird, er oder sie die Verantwortung dafür hat.
Dann kann man ihr oder ihm die Schuld geben für das Misslingen des Ausflugs oder der Abendgestaltung. So entlastet man sich emotional von dem Gefühl, womöglich falsch entschieden zu haben.
Was kann man tun, um doch für sich gute Entscheidungen zu treffen?
Tipp Nr. 1: Erkenne dich selbst
Je mehr du weißt, was dich glücklich macht, desto leichter kannst du eine Entscheidung treffen. Kenne daher deine Wünsche. Deine Werte und deine Träume. Sei mutig ihnen zu folgen. Es fängt im Kleinen an, sich im Restaurant zu entscheiden, was du wirklich essen willst und endet bei den großen Lebensentscheidungen.
Am Ende verankerst du dich mit diesem Wissen in dir selbst. Das gibt dir Sicherheit in deinen Entscheidungen, auch wenn es mal schwierig wird.
Ich selbst wollte immer auf einer Insel leben. Ich hatte mich aktiv als Psychologin bei Einrichtungen auf Inseln beworben.
Das Ergebnis: 8 Jahre Leben auf Föhr. Jeden Tag am Meer zu sein und sich von dem wunderbaren Licht des Nordens verzaubern lassen, war nur eins der schönen Dinge, die ich durch meine Entscheidung erlebte.
Ja, es war nicht immer leicht, aber da ich wusste, warum ich mich entschieden hatte, habe ich immer neue, gute Lösungen bei Problemen gefunden. Und, die Insel habe ich verlassen, weil Berlin, meine nächste Station, auf meiner Bucket List stand.
Tipp Nr. 2: Erkenne, was lockt und was ruft
Diese Unterscheidung treffen zu können, was lockt und was ruft, ist eine fantastische Hilfe für deine Entscheidungen.
Locken ist, wenn du beim Bäcker vorbeigehst, den Duft nach frischen Brot riechst und dann hereingehst, um etwas zu kaufen. Und das selbst dann, wenn du bis eben keinen Hunger hattest oder Brot kaufen wolltest.
Es gibt tausende Dinge am Tag, die dich locken können. Alle wirken attraktiv und sie wollen deine Aufmerksamkeit, deine Zeit und natürlich oft auch dein Geld.
Meist gibt es hinterher ein Gefühl der Reue, wenn man der Verlockung gefolgt ist, weil das, was man gemacht hat, am Ende nicht dem eigenen wirklichen Bedürfnis entsprach. Und, dadurch, dass du dem Locken folgst, kann du dich in einen ermüdenden Aktionismus verlieren.
Rufen bedeutet, du hast erst nachspürst, was du wirklich willst und brauchst und dann selbstbestimmt deine Entscheidung triffst. Du handelst so deutlich zielgerichteter und kräfteschonender.
Das kann auch bedeuten, dass du in die Bäckerei gehst. Aber jetzt ist es aus dir heraus gesteuert und du wirst die Entscheidung für das, was immer du dort kaufst, anders als beim Locken, nicht bereuen, sondern zufrieden sein.
Manchmal braucht es Zeit, herauszufinden, was du wirklich willst.
Ein kleines Beispiel: eine meiner Kund:innen überlegte, eine neue Wohnung zu suchen, weil in der alten einige Reparaturen anstanden.
Sie hatte schon eine Pro-und Contraliste erstellt, die zu einer Pattsituation führten. Ich riet ihr, sich einige Wohnungen auf dem Markt anzusehen. In der konkreten Auseinandersetzung wurden ihr die Vorteile ihrer jetzigen Wohnung deutlich und sie entschied, dort zu bleiben. Jetzt war sie wirklich glücklich und auch klarer in ihren Folgeentscheidungen.
Tipp Nr. 3: Beobachte deine Sprache
Wie oft sagst du: „Ich muss das und das machen!“? Aus dem Muss entsteht oft ein Gefühl von Stress und Druck und man fühlt sich als Opfer der Situation. Es bedeutet auch, dass man unbewusst denkt, man habe keine Wahl und keine Freiheit.
Wenn du aber sagst: „Ich will das und das machen!“, sprichst du aus der Haltung der Schöpfer:in der Situation. Es ist die Haltung der Selbstwirksamkeit, also dem Gefühl, auf die Situation Einfluss nehmen zu können und ihr eben nicht ausgeliefert zu sein.
Auch stellt sich bei diesem Satz heraus, ob du es wirklich machen willst. Du könntest dich nämlich auch anders entscheiden. So entsteht in dir Freiheit, die für dich richtige Entscheidung zu treffen.
Ich hoffe, du hast durch meine Impulse Lust bekommen, dein Schwert der Entscheidung doch mal öfters zu schwingen und damit die volle Verantwortung für dein Leben und dessen Steuerung zu übernehmen.
Und, falls du darin sicherer werden möchtest, lass uns doch überlegen, wie ich dir weiterhelfen kann.