Ich zeige dir, warum ich denke, das regelmäßiges Mentoring oder Supervision wichtig für Coaches ist und zur Professionalisierung beiträgt.
Das 1. Gebot: Du sollst anderen Menschen nicht deine Neurose anschnacken und dann dort bearbeiten.
Das ist jedenfalls das erste, was ich als Psychologin lernte, auch wenn man Psychologen unterstellt, genau dies zu tun. Nicht nur deshalb gehört es zu der Professionalität unseres Fachs, regelmäßig in die Supervision zu gehen, um über sich, die Klienten und die Dynamiken, die sie mit inszenieren, zu reflektieren.
Um dann in der Lage zu sein, genug professionelle Distanz aufzubauen, um den Klienten wirklich helfen zu können, und zwar mit dem, wo er weiter kommen will. Ich finde, das sollte jeder in einem Beruf, der sich mit Menschen beschäftigt, tun.
Leider erlebe ich zu viele, zum Teil selbsternannte Coaches, die, ohne jemals über sich selbst in einer professionellen Art und Weise nachgedacht zu haben, auf den Markt drängen.
Ich kann nicht verstehen, wie jemand, der mit Menschen arbeitet, und das machen Coaches in der Regel, meint, nicht regelmäßig in einen Reflexionsraum eintreten zu müssen. Es ist für die Qualität der eigenen Arbeit so wichtig, Übertragungen wahrnehmen zu können und eigene blinde Flecken erkennen und minimieren zu können. Das erweitert sofort Komfortzone und macht das Arbeiten leichter. Auch gilt es, eigene geheime Pläne/Zielvorstellungen für den Coachee aufdecken oder sich der eignenen Verstrickungen klar zu werden, um sich auch hier lösen zu können und nicht in die Anstrengung zu gehen.
Unbewusste Haltung: „Ich habe Recht“
Was einem Kollegen von mir in der Zusammenarbeit passierte: Er war es gewohnt, dass die Coachees ihn oft bewunderten, welche tollen Lösungen er mit ihnen erarbeitet hatte. Das fütterte seinem Selbstwertgefühl und den unbewussten Wunsch, gelobt zu werden. Jetzt war aber ein Coachee in dem Teamcoaching, der selbst gerade sehr unzufrieden mit seiner Situation im Unternehmen war und diese Unzufriedenheit auch im Coaching ausdrückte. Mein Kollege zog sich den Schuh an und fing an, mit dem Kunden in einen Kampf zu gehen. Die Auseinandersetzung ging im Grunde darum, wer Recht hat.
Die meisten Menschen wollen Recht bekommen, weil es ihr Selbstwertgefühl stärkt – ich bin richtig, wenn ich etwas richtig weiß oder tue. Der Coachee hatte den unbewussten Wunsche des Kollegen, gelobt und anerkannt zu werden, nicht bedient. Statt das zu erkennen, ging der Kollege in die Verstrickung mit dem Mann. Und das vor der ganzen Gruppe. Ich konnte „eine sowohl als auch Lösungen“ erarbeiten, die dann beide zumindest in dem Moment befriedete.
Der Kollege erzählte am nächsten Tag, er habe noch die ganze Nacht wach gelegen und sei weiter in dem inneren Dialog mit dem Menschen geblieben, was er hätte alles sagen wollen. Erst, als ich ihm meine Vermutung wegen der Verstrickung erzählte, konnte er sich lösen und den gemeinsamen Wunsch sehen, dass offenbar beide um Anerkennung rangen.
Unbewusste Haltung: „Ich weiß, was gut für dich ist.“
Ich weiß nicht, ob du es bei dir selbst schon erlebt hast, aber als Mentor Coach erlebe ich oft, dass Coaches einen „geheimen Lehrplan“ für den Coachee haben, also besser wissen, was für ihn gut ist als er selbst. Vielleicht stimmt das sogar, dass man mehr Möglichkeiten für den Coachee sieht, als er selbst. Dennoch verliert man als Coach die professionelle Distanz, wenn ich dem Coachee, aus guter Absicht, der dennoch falsch, die eigene Lösung aufs Auge zu drücken versuche.
Hier kann der Wunsch, erfolgreich sein zu wollen, einen Teil der Dynamik ausmachen, was menschlich nachvollziehbar, aber unprofessionell ist. Natürlich nehmen Menschen gern Lösungen an, die ihnen präsentiert werden, das ist der einfachere Weg. Aber es ist nicht im Sinne der Coachinghaltung, die davon ausgeht, dass der Coachee die Lösung in sich selbst trägt. Sonst wäre es nämlich einfach ein Beratung und eben kein Coaching, das einen Tranformationsprozess begleiten soll.
Ein Coachee von mir meinte mal:“ jetzt träumen sie doch bitte über die Lösung meines Problems mit meinem Chef und morgen erzählen sie mir, was ich machen soll.“ So geht es leider nicht, denn selbst wenn ich eine gute Lösung geträumt hätte, wäre sie noch lange nicht die richtige Lösung für den Coachee, der ja ganz andere Übertragungen auf seinen Chef hat, als ich sie vielleicht hätte.
Eine Übertragung ist übrigens ein psychischer Abwehrmechanismus, eigene unbewusste Wünsche und Gefühle auf die aktuellen sozialen Beziehungen zu übertragen. Wie oben gesehen, der Wunsch nach Anerkennung und Respekt. Und dann, wenn unreflektiert geblieben, sie dort bearbeiten zu wollen.
Unbewusste Haltung: „Ich übernehme die Verantwortung für dich.“
Ein anderer Coachee, der aufgrund der Prüfungsordung für einen Coachingverband verpflichtet war, Mentorstunden zu nehmen und dafür Aufnahmen von Coachingssessions einzureichen, übernahm unbewusst immer die Verantwortung für den Coachee. Statt ihn entscheiden zu lassen, was sein nächster Schritt sein wollte, also den Möglichkeitsraum mit offenen Fragen zu eröffnen, legte sie fest, was er tun solle.
Das ist das Gute an den Aufnahmen, dass ich als Mentorcoach solche Situationen wahrnehmen kann, um dann mit dem Coachee, der diese Beobachtung nicht selbst im Blick gehabt hätte und daher nicht hätte formulieren können, Lösungen zu erarbeiten, wie er die nächste Situation offener gestalten könnte. Und ja, es ging auch darum, wie es zu der Dynamik kommt, die Verantwortung übernehmen zu wollen. Es stellte sich heraus, dass das viel Sicherheit bietet, weil sie dann mehr Kontrolle über den Prozess zu halben meinte. Und Kontrolle gibt einfach mehr Sicherheit, als einen offenen Raum zu gestalten, in dem man als Coach nicht weiß, was darin geschehen wird.
2. Gebot: Coaching ist nicht die Lösung für jedes Problem
Nicht jeder, der in Psychotherapie ist, ist ein Fall für die Psychotherapie. Das liegt ein wenig an unserem Gesundheitssystem, das Menschen versuchen, über die Krankenkasse, die sich ja oft mittlerweile Gesundheitskasse nennt, eine Behandlung zu bekommen, statt ein Coaching selbst zu bezahlen. Wenn du mehr dazu wissen willst, lies meinen Blog: „Zahlt das die Kasse.“.
Und nicht jeder, der im Coaching ist, ist dort gut aufgehoben. Die klare Abgrenzung, wann jemand eher seine Ressourcen in einer Therapie aufbauen muss, gehört aus meiner Sicht zur Professionalität eines Coaches.
Ein Beispiel davon aus meinem Mentorcoaching: Der Coach hatte einen sogenannten „geschickten“ Coachee, also jemand, bei dem jemand anderes fand, sie solle ins Coaching gehen.
Steve de Shazer unterscheidet zwischen Besucher, Klagender und Kunde.
Das Mädchen war eine Besucherin
Die Mutter des Mädchens fand, es könne doch eine gute Lösung sein, ein Coaching wegen ihrer Gewichtsabnahme zu machen. Neben dem, das abzuklären wäre, was der medizinische und psychologische Hintergrund des starken Übergewichts war, gab es keine eigene Motivation von Seiten des Mädchens für ein Coaching. Also klar ein Besucher, der auch wieder gehen und vermutlich, selbst wenn es Coachingsessions gegeben hätte, wenig bis gar nicht davon profitiert hätte.
Der Klagende findet, nicht er habe das Problem, für dass man eine Lösung finden müsse, sondern der andere. Das ist der Fall, wenn jemand ins Coaching kommt und meint, Strategien entwicklen zu wollen, wie er seinen Chef verändern könne, damit alles besser würde.
Nur der Kunde, so Steve de Shazer, hat wirklich einen Veränderungswillen und genug Ressourcen, zeitlicher, mentaler und finanzieller Art, sich auf einen Coachingprozess einzulassen. Bei dem Bespiel von dem Mädchen war der Coach noch befangen, weil er mit der Mutter befreundet war und ihr einen Gefallen machen wollte.
Als wir diese Verstrickung aufdeckten, konnte sich der Coach klarer positionieren und hat in diesem Fall das Coaching beendet. Er konnte darüber hinus eine Empfehlung für alternative Möglichkeiten geben, deren Annahme jetzt in der Hand des Mädchens liegt.
3. Gebot: Du sollst die Menschen nicht in das Imposter-Syndrom treiben.
„Think big“ geht mir auf den Geist. Ich finde nicht, dass „think big“ und der ständige Aufruf zur Selbstoptimierung gesund ist, denn es führt bei einigen Menschen zum Imposter-Syndrom – dem ewigen Zweifel an sich selbst.
Philosophisch betrachtet ist der Hang zur Selbstverbesserung die Sehnsucht nach dem Paradies.
Ich erlebe zu viele Menschen, die durch diesen Druck Immer denken, sie seien noch nicht richtig und müssten nur den nächsten Kurs buchen, um endlich perfekt zu sein. Und das sage ich als eine, die gern und viel lernt. Was ist denn mit all den Menschen, die nicht groß denken wollen, sondern nur ein gutes Leben haben wollen.
Zählt das nicht, weil sie nicht jeden Tag darüber nachdenken, „die Welt ein wenig besser zu machen?“.
Psychologisch betrachtet ist der Wille zu Selbstverbesserung auch der Wille zu einer größeren Autonomie und Freiheit. Aber schon Fromm hat „Die Furcht vor der Freiheit“ geschrieben und nicht jeder kann und will in großen Dosen damit umgehen.
Das beobachte ich unter anderem auch in Change-Prozessen in Firmen, wo auch nicht jeder Mitarbeitende vor Freude aufschreit, sondern bemüht sich, seine Komfortzone zu behalten, die Sicherheit verspricht. Menschen werden sich aus meiner Sicht immer in dieser Dichotomie von Sicherheit und Veränderung bewegen, aber nicht alle streben jeden Tag zum Veränderungspool.
Ich erlebe gerade im Onlinebusiness Coaches, die aber genau diese Dynamik bedienen. Sie arbeiten in ihrem Mails mit Manipulation und dem schüren die Angst, etwas zu verpassen und nicht gut genug zu sein. Beispiele sind: „wenn du nicht in den nächsten 3 Stunden kaufst, hast du die Chance deines Lebens vertan.“ „Ich sehe dich kurz vor dem Durchbruch, daher wird mein Kurs deine Not beenden.“ Allerdings ist das Thema Verkauf und Ethik noch mal einen nächsten Blog wert.
4. Gebot: Nicht jedes Problem ist ein Nagel
Manchmal habe ich den Eindruck, das Coaches ihre Methode wie einen Hammer behandeln, indem dem sie jedes Problem zu einem Nagel machen. Da liest man, das dies die einzige wirklich wahre Strategie ist, die dich schlanker macht, dich vom Marketingstress befreit oder dir die nächste Million bringt.
Ich bin ja mehr eine Freundin von Vielfalt und Individualität. Nicht jede Methode greift bei jedem, was man ja unter anderem daran merkt, dass die vielen Onlinekurse oft nur die reich machen, die sie gut vermarkten, aber nicht die, die sie buchen. Letztendlich ist das ja auch kein Coaching, sondern bestenfalls ein Training.
Wie oben schon besprochen, eine Methode bietet Sicherheit, aber wenn man sich z.B. beim Coachingverband ICF (International Coaching Federation) weiterqualifiziert, und den PCC (Professionell Certified Coach), wie ich es bin, erreichen will, dann ist die Anwendung einer Methode oder gar eine Beratung ein Kriterium, die Prüfung nicht zu bestehen.
Mein Traum:
Ich habe den Traum, dass Menschen, die mit Menschen arbeiten, es als Teil ihrer Professionalität ansehen, sich regelmäßig Mentoring oder Supervision zu gönnen. Damit die Arbeit leicht und im Flow sein kann, ohne sich zu sehr aufgrund der eigenen blinden Flecken zu verstricken. Damit der Kunde eine gute Qualität im Coaching erwarten kann.
Du brauchst Mut, um dich in der Bodenlosigkeit des Moments zu entspannen und neugierig auf das zu sein, was sich in dem Coachingraum gemeinsam mit dem Coachee entfalten wird.
Sinnvoll ist dieser Reflexionsraum auch, weil es nicht zuletzt zur Verbesserung der eigenen Skills beiträgt. Und damit den Job oder auch die Berufung als Coach krisenfest macht und hilft, mehr Umsatz zu machen, weil man einfach zufriedenere Kunden hat.
Ich bin ausgebildeter Mentorcoach und biete Coaches (und Führungskräften) online und offline den Reflexionsraum an, der zur Professionalität beiträgt und die Leichtigkeit in der Arbeit steigert.
Bist du bereit, in deine Qualität zu investieren?
Dann sollten wir uns kennenlernen.